Was haben Kofi Annan, Tony Blair und Steve Lopez gemeinsam? Sie sind alle nach Buffalo gekommen, um sich hier die Ehre als “Distinguished Speaker” zu geben. Das heißt, man füllt die UB-Alumni-Arena bis unters Dach mit zahlenden Gästen und Studenten mit Freikarten, und vorne auf der Bühne wir dann über Gott und die Welt geredet. Das war im Falle Kofi Annan leider kaum verständlich, da die Freikarten nur für die höchsten Reihen gelten. Visuell war das dank riesiger Videoleinwänden zwar kein Problem, die Akustik ist aber leider so bescheiden, dass zumindest ich als Nicht-Muttersprachler keine Chance hatte. Deshalb lächelten meine Kollegen und ich beim nächsten Mal nett und schoben uns in den mittleren Rang. Dass is aber auch blöd, wenn man keine englischen Anweisungen versteht. Tony Blair hingen war nun ganz phantastisch zu verstehen. Der ist auch wirklich ein guter Redner, nicht nur wegen seines gepflegten Britisch-English, auch seine Gags waren nicht übel „A friend told me to try the famous buffalo wings... I didn’t know that such an animal exists!“. Die anschließende Zuschauerfrage zu seinem eventuellen neuen Posten als europäischer Präsident hat sich wohl mittlerweile erübrigt. Tony Blair ist bis jetzt der einzige Redner, der von den Studenten nicht ganz so herzlich empfangen worden ist. So gab es vorher Plakate, die sich beschwerten, dass die Uni 150000$ an einen „war criminal“ zahle - na ja. Zumindest habe ich seitdem einen neue Berufsidee: Distinguished Speaker. Wer mich also zu einem Vortrag einladen will, ganz so viel wie bei Tony muss es garnicht sein, ich bin da flexibel. Steve Lopez hat vermutlich auch nicht so viel bekommen, zumindest gab’s für ihn nicht mal bewaffnete Cops und keine Hinweise, dass das mitbringen von Waffen verboten sei. Steve Lopez, dass ist ein Kolumnist der L.A. Times, der für das Buch zum Film „Der Solist“ verantwortlich ist. Nun hatte ich den Film leider vorher nur (durch Zufall) halb gesehen, trotzdem war seine Rede zum Thema gesellschaftlicher abstieg durch mangelnde Betreuung psychisch Kranker im Allgemeinen und zum Protagonisten seines Buches im Speziellen sehr interessant. Vielleicht schau ich mir den Film jetzt auch mal ganz an.
Das nächste Großevent, zu dem ich mir Karten besorgt habe, ist leider ausgefallen bzw. verschoben worden: am 04.12. wollte ich mir Billy Joel und Elton John in Buffalo anschauen. Leider kam heute die Mail, dass das ganze auf den 09.03. verschoben worden ist. Matthias, mit dem ich da hin wollte, meinte schon, dass das genau einer der fünf tage ist, die er nächstes Jahr schon verplant hat. Schade eigentlich.
Wie habt ihr eigentlich den neunten November verbracht? Ich war mit Roby, einer Deutschlehrerin die ich hier in Buffalo kennengelernt habe, in zwei ihrer Klasse und durfte ein wenig über mich erzählen bzw. Fragen über mich und Deutschland beantworten. Diese reichte von Lieblingstier (Kuh) über Klassiker wie persönliche Höchstgeschwindigkeit (210km/h) bis hin zu vermisstem deutschem Essen (Sauerbraten) und anderen Deutschlandfragen – mir hat das super viel Spaß gemacht. Interessant war auch zu sehen, dass Kinder sich maximal 30 Minuten konzentrieren können. Und dass sich das Verhalten im Klassenraum heute in den USA in einer siebten bzw. achten Klasse massiv von meinen eigenen Erinnerungen unterscheidet. Wir sind doch damals nicht rumgelaufen, oder? Ich fand’ es auch witzig, wie schnell man doch den Bezug zur Schule und der Einschätzung von Kindern verliert. Ich dachte mir, ich erzähl da ein wenig von deutscher Geschichte und was schon alles am neunten November passiert ist – und beantworte dann Fragen zu meiner Lieblingsfarbe und „favorite food in America“.
Apropos Essen: Diese Wochenende hab wir den Film „About Schmidt“ geschaut, sehr zu empfehlen. Dazu gab’s Speckbohnen, Pommes und Schnitzel. Allerdings sind die ALDI-Tiefkühlschnitzel „Deutsche Küche“ hier kreisrund gepresst. Geschmack und Konsistenz lösten hingegen heimatliche Gefühle aus: Ich fühlte mich wieder wie in der Mensa Ahornstraße! Da ich der Koch war habe ich kurz überlegt, ob ich die anderen anknurren und ihnen ihr Schnitzel zuwerfen sollte, aber das hätten sie nicht zu schätzen gewusst.
Halloween war übrigens echt eine lustige Erfahrung. Die erste Party war eine echt amerikanische Fete mit Beerpong und Karten(trink)spielen, die zweite war ein internationals Potluck. Ein Potluck, da bringt jeder was zu essen mit (in meinem Fall selbstgemachte Käßspätzle, jaha!). Da die meisten Gäste aus Taiwan waren war das Nahrungsangebot sehr exotisch und sehr lecker! Aber auch meine Spätzle gingen gut weg, wie ich an dieser Stelle unbescheiden bemerken möchte ;). Also hat es sich gelohnt, den Hobel mitzunehmen.
Das Wochenende drauf war gemischt: Am Freitag war ich wieder auf einer Party (klingt so als tu ich nix anderes), am Samstag war ich dann für ein Dreiviertelstündchen mit Matthias unterwegs – in einem 1969 Jaguar E-Type Cabriolet, das er für seinen Onkel hier ersteigert hat. Unglaubliches Gefährt, ich durfte sogar auch ein paar Meter damit fahren. Und das an einem Tag mit strahlendem Sonnenschein und frühlingshaften Temperaturen, großartig. Den nächsten Tag habe ich dann leider mit Erkältung im Bett verbracht. Na ja, man kann nicht alles haben.
Das Wetter ist hier ziemlich seltsam: Heute hatten wir wieder strahlenden Sonnenschein, man hätte zum Essen gut und gerne draußen sitzen können (mit Jacke). Dafür hat es vor ein paar Tagen geregnet wie sau. Was beim Fahren eines Fahrrades ohne Schutzbleche doppelt lustig ist. Na ja, morgen soll es wieder schlechter werden. Wann kommt denn nu der blöde Schnee, von dem hier alle immer erzählen? Sollte ich etwas meine Skier umsonst gemietet haben? Es gibt hier an der Uni einen Skiklub namens Schussmeister, mit dem kann man dann von Dezember bis April täglich ins Skigebiet fahren kann. Ich bin da mittlerweile Mitglied, mal sehen was das gibt.
Vorletzten Sonntag war ich bei meiner Gastfamilie zum Essen eingeladen, was sehr nett war. Außerdem haben sie mich auch gleich zu Thanksgiving eingeladen. Das ist nächsten Donnerstag, wir haben allerdings schon ab Mittwoch frei. Am Freitag ist dann „Black Friday“ der heist so, weil die Geschäfte an diesem Tag durch Sonderangebote wieder in die schwarzen Zahlen geraten. Mein Mitbewohner meinte, wenn ich was erleben will sollte ich mich an dem Tag in den Wallmart wagen – letztes Jahr seien da Menschen totgetrampelt worden. Ich denke, darauf kann ich verzichten.
In der Uni läuft so weit alles wie gehabt, die Anrechnung der Kurse aus Aachen läuft leider immer noch nicht...
Ich habe hier ein neues kleines Projekt in Angriff genommen: Die Amerikaner verstehen unter „Cider“ etwas anderes als wir, und zwar naturtrüben Apfelsaft. Der kommt hier in Gallonen, ist pasteurisiert und mit Kaliumsorbat versehen, was Hefe vom vermehren abhalten soll. Trotzdem blähte sich ein Container bei mir nach kurzer Zeit auf, was mich zu folgender Idee brachte: Wenn es nur das Wachstum der Hefe einschränkt, sollte ja bei Zugabe von Hefe Gärung möglich sein. Also habe ich mir unter Anderem Champagner-Hefe bestellt und versuche nun, meinen eigenen „Hard Cider“ zu brauen. Mal sehen, ich bin da recht optimistisch. Meine Mama sieht das etwas skeptischer: „Das klingt nach Scheißerei!“ Nun, drückt’ mir die Daumen!
Mist, während ner Vorlesung gelesen - musste lachen - alle haben mich komisch angesehen...
AntwortenLöschenGruß aus Münster,
JBK